Karrieretipps für Frauen

Kürzlich wurde ich gebeten, mich über Karrieretipps für Frauen zu äussern. Hmm.. dachte ich mir, worin unterscheiden sich denn Frauen und Männer hinsichtlich ihrer Karriere? Und auf welche (erfolgsbringenden) Verhaltensprinzipien sollen sich Frauen – im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen – besonders fokussieren?

Neben meiner eigenen Praxis, wo ich als Coach und mit sehr vielen Frauen arbeite, habe ich recherchiert und in Erfahrung gebracht, was die bekanntesten Fachtitel, Persönlichkeiten und Autoren zu sagen haben. Die meisten Karrieretipps für Frauen lauten dann so ähnlich wie:

Sei sichtbar, übernimm Verantwortung, benutze weniger Konjuktive, entschuldige dich nicht so häufig, trage Statussymbole nach aussen, werde nicht zur Serviererin, delegiere mehr usw.

Wenn man nun genauer hinschaut merkt man, auf welches bestimmte Persönlichkeitsmerkmal alle diese Karrieretipps für Frauen abzielen.

In der Psychologie existiert das Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit, kurz und bündig Big Five genannt. Diese fünf Persönlichkeitsmerkmale gelten als stabil und kulturübergreifend. Man trifft sie in jeder Person an – natürlich in unterschiedlicher Ausprägung. Die Big Five wurden in der psychologischen Forschung mehrfach bestätigt und repliziert.

Sie lauten: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus.

Ohne hier nun auf alle Faktoren einzeln eingehen zu wollen – der Faktor, auf den eigentlich alle Karrieretipps für Frauen abzielen, ist Verträglichkeit.

Menschen mit hohen Verträglichkeitswerten zeigen situationsübergreifend ein hohes Ausmass an Verständnis, Wohlwollen und Mitgefühl. Sie schenken viel Vertrauen, sind hilfsbereit und zählen auf die ausgleichenden Mechanismen zwischenmenschlicher Kooperation. Und ja, Frauen zeigen konsistent höhere Werte als Männer auf dem Faktor der Verträglichkeit.

Obacht, wenn auch wissenschaftlich gesichert - das sind Tendenzen. Sprich, es gibt natürlich auch Männer mit hohen Verträglichkeitswerten. Lasst uns nicht alles und alle in denselben Topf hauen und sagen „Männer sind so und Frauen sind so“.

Ein Beispiel aus der Praxis. Wir haben einen Job zu vergeben, der Französischkenntnisse zu seinen Anforderungen zählt. Wir haben eine Bewerberin und einen Bewerber. Beide sprechen Französisch auf Schulniveau. Tendenz bedeutet, dass der Mann nun eher sagt: „Französisch kann ich, hatte ich in der Schule.“ Und die Frau eher sagt: „Französisch hatte ich das letzte Mal in der Schule... muss ich zuerst auffrischen.“

Ist deine Verträglichkeit eine Karrierebremse? Personen mit hohen Verträglichkeitswerten laufen Gefahr, dass andere die Credits für ihre Leistungen einheimsen. Sie werden schneller übergangen oder übersehen. Andere setzen sich über sie hinweg. Zu verträgliche Personen machen den Fehler, Harmlosigkeit mit Moralität zu verwechseln. Sie können keinen Schaden anrichten.

Fühlst du dich angesprochen? Dann  sage ich dir: Sei gefährlich. Zeig Zähne. Sei eine Kriegerin, ein Krieger im Garten und nicht eine Gärtnerin im Krieg. Und ja, mach dich sichtbar, übernimm Verantwortung, benutze weniger Konjuktive, entschuldige dich nicht so häufig, delegiere mehr.

Ganz egal, ob du nun ein Mann bist oder eine Frau. ;-)

 

03.06.2019 | Index:

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